Arbeitskreis Energie - Energiepolitik für Freiburg und Gutleutmatten

Zusammenfassung und Stellungnahme zum Abschlussbericht

Der Abschlussbericht des Frauenhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE und badenova WÄRMEPLUS bestätigt die Auffassung der Baugruppen zur Energieversorgung im Gutleutmatten: Sie ist unökologisch und teuer.  

Das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE) und die badenova Wärmeplus haben in einem Abschlussbericht [1] eine energiewirtschaftliche Analyse des Demonstrationsvorhabens „Freiburg Gutleutmatten“ vorgelegt. Der Abschlussbericht basiert auf einer Dissertation über smarte und dezentrale solare Fernwärme [2] am Karlsruher Institut für Technologie, die von M. Elci im Blick auf die Energieversorgung im Stadtquartier Gutleutmatten angefertigt wurde.

 

Darin werden die zwei Formen der Fernwärmeversorgung durch ein Blockkraftheizwerk (BHKW) hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit verglichen

  • Ein BHKW in Kombination mit dezentraler solarer Wärmeversorgung
  • Eine reine Fernwärmeversorgung durch das BHKW

 

Das Ergebnis: Das BHKW in Kombination mit dezentraler solarer Wärmeversorgung auf den Dächern der Häuser im Neubaugebiet verursacht einen 30 bis 50 % höheren Energiepreis als die reine Fernwärmeversorgung durch das BHKW. Die Gründe dafür liegen einmal in den doppelt so hohen Investitionskosten für die kombinierten Systeme (BHKW + Solaranlagen), zum anderen in den hohen Wartungs- und Betriebskosten der Solaranlage. Da nur 20% der insgesamt benötigten Wärme solar erzeugt wird, sind die Betriebskosten der Solarthermie ebenso hoch wie die Einsparung der Brennstoffkosten

 

Zur Begründung der Fernwärmeversorgung mit kombinierten Solaranlagen hatte die Stadt Freiburg gegenüber den Baugruppen den wirtschaftlicheren Betrieb des Blockheizkraftwerkes angeführt [3]. Bei hohem Stromanteil durch Photovoltaikanlagen im Netz könne das Blockheizkraftwerk nicht wirtschaftlich betrieben werden, da im Sommer der Strompreis durch die solare Einspeisung sinkt. Die Ausarbeitung kommt zu dem Ergebnis, dass bei allen angenommenen Randbedingungen das Blockheizkraftwerk ohne dezentrale Solaranlagen immer wirtschaftlicher betrieben werden kann als die Kombination dieser beiden Systeme.

 

Auch eine intelligente Steuerung der Solaranlagen (Smart Heat Grid )zur Reduzierung der Wärmeverteilverluste vermag die Erwartungen der Stadt Freiburg nicht zu erfüllen. Nur für Fernwärmesysteme, deren Wärmeverluste in einem wesentlich höheren Bereich liegen als im Baugebiet Gutleutmatten, so die Dissertation, könne wegen des damit verbundenen Aufwandes, die Implementierung eines Smart Head Grid empfohlen werden.

 

Die Lage in Gutleutmatten

 

Die Bewohner des Stadtquartiers könnten in einem typischen Haus (Beispiel aus der Landtagsdrucksache 15 / 7726) [4] mit zurzeit jährlichen Heizkosten von 11.400 Euro ohne Solaranlage 3.800 Euro jährlich einsparen. Die Solaranlage bleibt somit ein ewiger Zuschussbetrieb und wird sich nie amortisieren. Mit einer Photovoltaikanlage zur Stromerzeugung dagegen, wäre man nach einiger Zeit in den schwarzen Zahlen.

Das sind aber nicht die einzigen negativen Folgen der verfehlten Planung im Stadtquartier:

  1. Im Wohnquartier werden 30% mehr Energie verbraucht, als es bei einer Umsetzung nach dem derzeitigen Freiburger Energiehausstandard möglich gewesen wäre.
  2. In Gutleutmatten rechnete es sich nicht, ein energiesparendes Passivhaus zu errichten. Durch den Anschlusszwang und die damit verbundene Wärmetarifgestaltung der badenova Wärmeplus wurde aktiv verhindert, dass besonders energiesparende Häuser wie in anderen Stadtteilen gebaut wurden. Badenova verhindert höhere Investitionen in eine bessere Wärmedämmung durch einen hohen Grundpreis der Energieversorgung, der nicht von der Leistungsaufnahme eines Hauses abhängt, sondern in erster Linie von der Bruttogeschossfläche nach Bebauungsplan.
  3. Im Sommer wird durch die Solarthermie so viel Wärme erzeugt, dass das Blockheizkraftwerk abgeschaltet werden kann. Dadurch fällt der durch das BHKW erzeugte Strom aber auch weg. Das ist insbesondere bei höheren Strompreisen nicht wirtschaftlich. Zusätzlich muss der nicht eingespeiste Strom an anderer Stelle und möglicherweise in einem konventionellen Kraftwerk erzeugt werden.

 

Die verfehlte Energiepolitik der Stadt Freiburg

 

Es bleibt die Frage übrig, warum zwingt die Stadt Freiburg dem Baugebiet diese unwirtschaftliche und unökologische Wärmeversorgung auf?

Klar ist, badenova Wärmeplus ist die Gewinnerin des Systems! In einem schwindenden Wärmemarkt erzielt sie Umsätze wie in einem Altbaugebiet.
Ist die Umweltbürgermeisterin Stuchlik mit dem Umweltamt, ohne eigene Sachkompetenz, der Beratung von badenova gefolgt, in Freiburg ein weiteres Leuchtturm Projekt zur regenerativen Energieversorgung zu realisieren? Wozu fertigt man teure Gutachten an, wie das Gutachten von Stahl und Weiß, wenn man die Ergebnisse nicht umsetzt? [5]
Wäre man dem Gutachten gefolgt, hätte man im Gutleutmatten mit der Variante „Zentral 5b Biogas-BHKW“ eine 40% billigere, völlig klimaneutrale Energieversorgung realisieren können, die außerdem noch 30% weniger Energie benötigt als jetzt tatsächlich verbraucht wird. Bereits dieses Gutachten enthielt auch einen deutlichen Hinweis auf die negativen wirtschaftlichen Folgen einer Kombination mit Solarthermieanlagen (S22), wie sie jetzt im Abschlussbericht aufgezeigt wurden.

Für das Baugebiet wurde der Aufstellung des Bebauungsplan „Gutleutmatten“ [6] ein akzeptabler Energiepreis  versprochen, der vergleichbar mit anderen Nahwärmegebieten in Freiburg ist. Die Stadt Freiburg sieht diese Bedingungen bereits durch die Vergleichbarkeit der Heizkosten mit anderen Baugebieten erfüllt, die einen völlig anderen Energiebedarf haben.
Den unterschiedlichen Energiebedarf bei abweichenden Baustandards bei der Betrachtung der Wirtschaftlichkeit von Heizkosten außer Acht zu lassen, ist eine Milchmädchenrechnung auf fremde Kosten. Die viel zu hohen Kosten des Gesamtsystems, die nicht weiter diskutiert werden, empfinden die Bewohner als eine Zumutung und lässt gleichzeitig die fachliche Eignung des Umweltamtes für solche Fragestellungen bezweifeln.

Bedenklich erscheint auch die wiederholt bekräftigte Absicht der Stadt Freiburg, die Energieversorgung in künftigen Stadtquartieren mit einer Anschlussverpflichtung durchsetzen zu wollen mit der Begründung, dass sonst Wärmenetze ökonomisch und ökologisch nicht realisierbar wären. Das Beispiel Gutleutmatten zeigt, dass der Anschlusszwang vor allem dafür genutzt wurde, ein System durchzusetzen, von dem nur der Fernwärmeanbieter profitiert, während es für die Zwangskunden weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll ist.

 

Aktualisierung 28.03.2021

Über die Forderung nach einer CO2 Steuer auf ihrer Abrechnung haben die Baugruppen erfahren, dass ihre fortschrittliche, innovative, klimaneutrale Energieversorgung zu mehr als der Hälfte durch einen simplen erdgasbetriebenen Heizkessel gewährleistet wird.

 

Zukunftsperspektiven

 

In einem künftigen Stadtteil Dietenbach wird der Preis der Energieversorgung entscheidend vom Betreibermodell abhängen. Es bleibt zu hoffen, dass die Stadtverwaltung aus dem Gutleutmatten-Desaster noch lernt.

 

Quellen

 
[1] EnWiSol Solarthermie in der städtischen Energieversorgung – Energiewirtschaftliche Analyse und Demonstrationsvor-haben „Freiburg-Gutleutmatten“ - Gesamtvorhaben - Abschlussbericht
 
[2] Elci, M.: Smarte und dezentrale solare Fernwärme. Solare Energie- und Systemforschung/Solar energy and systems research. Stuttgart: Fraunhofer Verlag 2018
 
[3] Amtsblatt Stadt Freiburg Nr.673 3.Juni 2016 dort sind die Zusammenhänge zwar falsch beschrieben, aber immerhin, die Stadtverwaltung hat es versucht.
 
[4] Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 /7726
 
[5] Stahl + Weiß Untersuchung Wärmeversorgung Baugebiet Gutleutmatten Freiburg Überarbeitung 2012 Planung Stadt Freiburg
Nicht veröffentlicht
 
[6] DRUCKSACHE G-13/004
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