Arbeitskreis Energie - Energiepolitik für Freiburg und Gutleutmatten

Welche Vollkostenrechnung darfs denn heute sein?

Laut Aussagen des Geschäftsführers der badenova Wärmeplus sind die von ihnen angegebenen Kosten der Wärmeversorgung immer Vollkosten (Aussage beim Treffen mit der Stadt im August). Man würde also davon ausgehen, dass immer alle für die Wärmebereitstellung auf Nutzerseite anfallenden Kosten berücksichtigt werden.
Wir machen den Faktencheck und führen alle Kostenangaben auf, die wir bisher erhalten haben. Alle Angaben bezogen auf die monatlichen Kosten einer 100 m2 Wohnung in Gutleutmatten:

  1. Okt. 2013: 71 €
    laut Ausschreibung zu Gutleutmatten (Auszug aus den Ausschreibungunterlagen zu Gutleutmatten.pdf)

  2. 22. Jul. 2015: 84 €
    laut Amt für Liegenschaften und Wohungswesen (explizite Vernachlässigung des Investitionskostenzuschusses, Berechnung badenova) Antwortschreiben der Stadt bezüglich Vergleichspreise.pdf

  3. 18. Aug. 2015: 69 €
    laut badenova „brutto“ Präsentation der badenova zum Wärmekonzept in Gutleutmatten

  4. 16. Okt. 2016: 67 €
    laut badenova „brutto“ (Wärmekostenvergleich der Badenova vom 16.10.2015.pdf)

  5. Kostenangabe: 68 €
    laut badenova „brutto“ (Link 20151109 Wärmekosten badenova)

  6. 23. Okt. 2015: 51 €
    laut badenova in der Badischen Zeitung: Neubaugebiet Gutleutmatten: Streit ums Energiekonzept

  7. 17. Nov. 2015: 97 €
    laut badenova in der Antwort des Umweltministeriums zur Landtagsanfrage

Wir stellen die Frage: ist die badenova nicht in der Lage, eine Vollkostenrechnung durchzuführen oder sollen Entscheider und Öffentlichkeit desinformiert werden? Es brauchte schon des Nachhakens des Umweltministeriums um auf den annähernd ehrlichen Preis von 97 € zu kommen.
Wurden die Erwerber der Grundstücke vorher ausreichend über die Kosten informiert? Angesichts des neuartigen Preisblattes und der Tatsache, dass man die Wärmekosten erst nach Planung des Gebäudes berechnen kann, haben sich viele Bauherren auf ihre gute Wärmedämmung und den Gemeinderatsbeschluss verlassen, der „akzeptable und vergleichbare“ Energiepreise vorschreibt – und wurden damit getäuscht.

Was fehlt definitiv bei den Wärmepreisen

Bei der Berechnung der Wärmepreise wurde nicht berücksichtigt, dass die Bewohner auch Dachflächen, Leitungschächte, Kellerräume und den Pumpenstrom kostenlos zur Verfügung stellen müssen. Diese Posten dienen allein der Bereitstellung von Wärme auf der Systemseite der badenova und müssen deshalb in den Vollkostenpreis der Wärme mit eingerechnet werden. Nun ist der Wert der Dachflächen schwer zu bestimmen: einige Baugruppen wollen eine Dachterrasse realisieren, andere lediglich eine PV Anlage. Realistisch wäre hier  mindestens ein Pachtpreis von 60 €/m2 über 20 Jahre anzusetzen. Dies wird üblicherweise von Photovoltaik Anlagenbetreibern bezahlt. Bei der eigenen Nutzung der Dachfläche als Gemeinschaftsfläche oder für eigene PV Anlagen liegt der Wert noch viel höher.
Für die Leitungsschächte und den Pumpenstrom liegen der badenova sicherlich detaillierte Abschätzungen der Kosten vor und es ist nicht verständlich, weshalb diese Kosten nicht in einer sogenannten Vollkostenrechnung auftauchen.

Weshalb werden keine Energiepreise angegeben?

Die Preisangabenverordnung schreibt die Angabe des Energiepreises von Fernwärme in €/kWh vor. Ihr Sinn erschließt sich hier auf einfache Weise und es wäre wünschenswert gewesen, sie auch in Gutleutmatten einzuhalten. Die Angaben in den Ausschreibungsunterlagen zu Gutleutmatten weisen nach, dass der badenova zu diesem Zeitpunkt die erwarteten Preise pro kWh bekannt waren – andernfalls hätte sie mithilfe des Dämmstandards und ihrem Preisblatt keine Kosten pro Wohnfläche angeben können. Weshalb wurde es von Stadt und badenova in der Ausschreibung unterlassen, leicht vergleichbare Wärmepreise anzugeben? Stattdessen wurden Kosten in €/m2 angegeben, und dabei wurden die Anschlusskosten vernachlässigt.
Sollte hier allzu großer Gegenwind im Vorfeld vermieden werden oder ging es darum, die Bauherren über den wirklichen Preis im Unklaren zu lassen. Nach dem Motto: wenn jemand sich einmal beworben hat und den Traum vom Eigenheim träumt, dann wird er die Kröte der unglaublich hohen Energiepreise schlucken wenn er darüber stolpert. Und stolpert er spät genug darüber, dann werden ihn seine bisherigen Planungskosten auch noch wirtschaftlich dazu zwingen.

Wer trägt die Verantwortung?

Vollkostenrechnungen verkommen bei badenova und Stadt zur Beliebigkeit: mal werden wichtige Bestandteile weggelassen, mal werden fiktive Werte hineingerechnet – den Entscheidern im Gemeinderat und den Bauherren werden diese Rechnungen als fundierte Vollkostenrechnungen präsentiert.
Hier kommen Fragen auf:

  • Warum wurden die regulierenden Marktmechanismen ausgehebelt, indem eine Ausschreibung des Wärmesystem unterlassen wurde und die künftigen Bewohner über einen Anschlusszwang zu dieser Wärmeversorgung gezwungen werden?
  • Wer vertritt eigentlich die wirtschaftlichen Interessen der Bauherren und ersetzt damit den ausgehebelten Markt?
  • Wer kontrolliert die geforderten Preise der badenova, die durch einen Gemeinderatsbeschluss zum Energiekonzept eigentlich zu vergleichbaren Preisen verpflichtet werden sollte?
  • Wäre es nicht im Interesse der Stadt durch ein innovatives, zukunftsweisendes und kostengünstiges Energiekonzept dafür zu sorgen, dass bezahlbarer Wohnraum in Freiburg entstehen kann?
  • Bedingt nicht vielmehr zukunftsweisend auch kostengünstig oder geht man in Freiburg davon aus, dass die Energieversorgung der Zukunft auf Anschlusszwängen basiert?
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